In einer digitalisierten Welt, in der IT-Projekte immer komplexer werden, ist eines klar: Der Erfolg eines Projekts steht und fällt mit einem gut durchdachten Vertrag.
Besonders wenn es um öffentliche Auftraggeber geht, führen die Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen (EVB-IT) die Diskussion an und sollen für eine Harmonisierung der öffentlichen IT-Landschaft sorgen.
Doch was macht die EVB-IT so besonders? Sind sie tatsächlich das Nonplusultra in der IT-Vertragsgestaltung? Wie haben sie sich über die Jahre entwickelt, und wo liegen ihre Grenzen?
Dieser Beitrag beleuchtet nicht nur die einzelnen Vertragsarten der EVB-IT, sondern auch die seit September 2024 geltende Rahmenvereinbarung, die speziell für kleine und mittelständische Softwareunternehmen von besonderer Bedeutung ist.
Was genau sind die EVB-IT? Ein Überblick
Die Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen (EVB-IT) wurden speziell für den öffentlichen Sektor in Deutschland entwickelt. Sie sind standardisierte Vertragsbedingungen, die öffentliche Auftraggeber bei der Beschaffung von IT-Leistungen unterstützen sollen.
EVB-IT-Verträge decken folgende Aspekte ab:
Basisverträge:
EVB-IT Cloud
EVB-IT Dienstleistung
EVB-IT Instandhaltung
EVB-IT Kauf
EVB-IT Pflege S
EVB-IT Überlassung Typ A
EVB-IT Überlassung Typ B
Systemverträge
EVB-IT Erstellung
EVB-IT Service
EVB-IT System
EVB-IT Systemlieferung
Ziel der EVB-IT ist es, öffentlichen Auftraggebern bei der Beschaffung von IT-Leistungen ein stringentes Regelwerk an die Hand zu geben und dadurch Konflikte mit Auftragnehmern zu vermeiden.
Praxisbeispiel: Eine Kindertagesstätte möchte eine neue Software entwickeln lassen, um die Kommunikation und Abstimmung mit den Eltern zu modernisieren. Mit einem EVB-IT-Erstellungsvertrag wird geregelt, welche Leistungen der Dienstleister erbringen muss, wie die Abnahme der Software erfolgt und wie Haftungsfragen geklärt sind.
Die Geschichte der EVB-IT: Vom KoopA ADV zum IT Planungsrat
Die Einführung von EVB-IT wurde erstmals im März 1998 diskutiert, um die Vertragsbeziehungen zwischen öffentlichen Auftraggebern und IT-Dienstleistern zu standardisieren und rechtliche Unsicherheiten zu minimieren. Sie sollten die bis dato geltenden “Besonderen Vertragsbedingungen für die Beschaffung von DV-Leistungen” ablösen.
Während Anfangs die Kommunen noch stärker in die Planung der deutschen IT-Infrastruktur mit einbezogen wurden (KoopA ADV), änderte sich dies im April 2010 durch den IT-Staatsvertrag, der den IT-Planungsrat schuf und somit die Umsetzung des Art. 91c GG sicherstellen sollte.
Zwar wurde die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) bereits mit EU-Recht harmonisiert (Richtlinie 2014/24/EU) und im Zuge der Verordnung zur Modernisierung des Vergaberechts in Vergabeverordnung (VgV) und Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) umgesetzt, die VOL/B ist jedoch weiterhin gültig.
Wichtige Meilensteine:
1998: Erste Diskussionen über die Einführung der EVB-IT durch den KoopA ADV, ein Gremium aus Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden.
2010: Der IT-Staatsvertrag führte zur Schaffung des IT-Planungsrats, der seither die Umsetzung von Art. 91c GG koordiniert.
2024: Einführung einer neuen EVB-IT-Rahmenvereinbarung, die alle bisherigen Vertragstypen modular zusammenfasst.
Der neue EVB-IT Rahmenvertrag
Im September 2024 hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) gemeinsam mit dem Digitalverband Bitkom die neue EVB-IT-Rahmenvereinbarung vorgestellt, die nach Zustimmung des IT-Planungsrats in Kraft getreten ist.
Diese Vereinbarung bündelt die bisher elf separaten EVB-IT-Vertragstypen in einer modularen Struktur, was eine flexiblere Kombination verschiedener Vertragsarten ermöglicht. Sie enthält Regelungsoptionen zu Haftungsbeschränkungen, Preisanpassungen, Höchstvolumen und Berichtspflichten.
Ein zentrales Element ist das digitale Werkzeug „EVB-IT digital„, das öffentlichen Beschaffern kostenfrei zur Verfügung steht und durch vorgefertigte, intelligente Vorlagen den Prozess der Vertragserstellung effizienter gestaltet.
Insbesondere kleinere Unternehmen und Start-ups sollen von dieser Vereinbarung profitieren, da sie den Marktzugang erleichtert und Bürokratie abbaut.
Vorteile der EVB-IT: Einheitlichkeit und Sicherheit
Die EVB-IT bieten zahlreiche Vorteile für die öffentliche Hand:
- Rechtssicherheit: Standardisierte Klauseln minimieren rechtliche Unsicherheiten.
- Effizienz: Vorgefertigte Muster sparen Zeit und reduzieren Verhandlungskomplexität.
- Einheitlichkeit: Harmonisierung der Beschaffungsprozesse in der Verwaltung.
- Flexibilität: Modulare Vertragstypen erlauben eine Anpassung an spezifische Projekte.
Grenzen der EVB-IT: Nicht für jedes Projekt geeignet
Trotz ihrer Vorteile stoßen die EVB-IT in der Praxis auf Grenzen:
- Fokus auf den öffentlichen Sektor: Die EVB-IT sind für private Unternehmen oft zu starr und beinhalten Haftungsrisiken, die nicht den Anforderungen des freien Marktes entsprechen.
- Komplexität: Die umfangreichen Regelungen erfordern juristische Expertise.
- Eingeschränkte Individualisierung: Maßgeschneiderte Lösungen sind nur schwer abzubilden.
Alternativen zu den EVB-IT für private Unternehmen
Neben den EVB-IT gibt es eine Vielzahl an Vertragsmustern, die speziell für die private Wirtschaft entwickelt wurden. Diese bieten oft mehr Flexibilität und lassen sich individuell anpassen. Zu den wichtigsten Alternativen gehören:
- Software-Entwicklungsverträge: Individuelle Regelungen für die Erstellung von Software.
- Cloud-Service-Verträge (z. B. SaaS-Verträge): Regelt Bereitstellung und Nutzung von Cloud-Diensten.
- Wartungsverträge: Fokus auf die Pflege und den Support bestehender IT-Systeme.
- Managed-Service-Verträge: Outsourcing von IT-Dienstleistungen.
Besonderheiten der Beschaffung unterhalb von Schwellenwerten
Die Beschaffung von IT-Leistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte für öffentliche Aufträge (221.000 Euro für Liefer- und Dienstleistungsaufträge, Stand 2024) unterliegt vereinfachten Regeln und ist durch die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) geregelt. Diese Vorgaben gelten jedoch nicht einheitlich in allen Bundesländern, da diese die Umsetzung der UVgO individuell handhaben.
Vorteile bei der Beschaffung unterhalb der Schwellenwerte
- Vereinfachte Verfahren: Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte sind weniger aufwändig und erlauben eine freihändige Vergabe oder Verhandlungsvergaben ohne öffentliche Ausschreibung.
- Regionale Anbieter werden bevorzugt: Öffentliche Auftraggeber auf kommunaler Ebene können verstärkt regionale Anbieter einbeziehen.
- Zeitersparnis: Da keine europaweite Ausschreibung erforderlich ist, lassen sich Projekte schneller realisieren.
Besondere Anforderungen
- Dokumentationspflichten: Auch unterhalb der Schwellenwerte ist eine lückenlose Dokumentation der Vergabeentscheidungen erforderlich.
- Transparenz und Wettbewerbsprinzip: Öffentliche Auftraggeber müssen sicherstellen, dass die Vergabe trotz vereinfachter Verfahren diskriminierungsfrei erfolgt.
Wie die ELBKANZLEI Softwareunternehmen bei Vergabeverfahren unterstützt
Die ELBKANZLEI bietet speziell für Softwareunternehmen umfassende Unterstützung bei der Gewinnung öffentlicher Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte für öffentliche Aufträge. Gerade kleinere IT-Dienstleister und Start-ups profitieren von einer gezielten Beratung, da sie nicht über die nötige Erfahrung mit den komplexen Vorgaben des Vergaberechts verfügen.
Erfahrene Fachanwälte helfen dabei:
- Vergabeunterlagen zu verstehen und optimal vorzubereiten: Die ELBKANZLEI prüft die Ausschreibungsunterlagen auf rechtliche Fallstricke und gibt Hinweise, wie Angebote wettbewerbsfähig und vergaberechtskonform gestaltet werden können.
- Angebotsstrategien zu entwickeln: Durch eine klare Positionierung und Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen öffentlicher Auftraggeber erhöht sich die Chance, als Anbieter ausgewählt zu werden.
- Rechtssichere Nutzung der EVB-IT-Verträge: Die Kanzlei stellt sicher, dass die Verträge korrekt angepasst und mögliche Haftungsrisiken minimiert werden.
- Unterstützung bei regionalen Besonderheiten: Dank ihrer Erfahrung mit den Vergaberegelungen verschiedener Bundesländer hilft die ELBKANZLEI, die landesspezifischen Anforderungen zu erfüllen und potenzielle Konflikte zu vermeiden.
Mit dieser spezialisierten Beratung ermöglicht die ELBKANZLEI Softwareunternehmen den Zugang zu attraktiven Aufträgen der öffentlichen Hand, selbst bei kleineren Projekten oder begrenzten Budgets.
Ziel ist es, die rechtlichen und bürokratischen Hürden zu überwinden und langfristig am Markt der öffentlichen IT-Beschaffung Fuß zu fassen.
ELBKANZLEI Fachanwälte stehen für:
- Kompetenz, Erfahrung, Präzision und Umsicht im IT-Recht.
- Feste Ansprechpartner pro Mandat.
- Leistungsstarke und zielgerichtete Mandatsbearbeitung.
- Faire, transparente Honorare.
Bei Bedarf hören wir gern von Ihnen.